Interview mit dem zukünftigen Leitenden Stammesführer Tristan Werner
geführt von Stefan Wiesner
Drei Fragen zu Beginn: Toskana oder Norwegen?
Oh, ich mag beide Länder sehr gerne.
Was wäre die ideale Gegend für eine Pfadfinderfahrt?
Dort, wo es keinen Handyempfang gibt.
Bist Du lieber zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs?
Auf jeden Fall zu Fuß. Früher bin ich lieber Fahrrad gefahren, aber das hat sich geändert.
Als ich in Kassel gewohnt habe, war das Radfahren beschwerlich, immer wieder ging es steil bergauf oder bergab.
Erzähl uns ein wenig von Dir: Wo kommst Du her? Was macht Dich aus?
Ich werde im Dezember 29 Jahre alt, bin in Hofheim aufgewachsen, habe hier immer in dem gleichen Haus gewohnt, das meiner Familie gehört, dort lebe ich auch heute. Meine Mutter ist in diesem Haus geboren, meine Eltern wohnen in der Etage über mir. Und ich lebe in der Wohnung, in der ich als Kind oft bei meiner Oma war. Dass verschiedene Generationen hier unter einem Dach zusammenleben, gefällt mir.
Meine Familie besitzt auch Gärten und Felder, früher waren wir die typischen „Fünf-Uhr-Bauern“, die nach der Arbeit noch dies und das gepflanzt oder geerntet, Tiere versorgt haben. Bei der Apfelernte habe ich oft geholfen. Im Nachbarhaus hat früher mein Onkel gewohnt, der hat Kaninchen und Hasen gezüchtet, beim Füttern habe ich ihm oft geholfen. Und ich war auch dabei, wenn Hühner geschlachtet wurden. Immer war ich viel Draußen unterwegs, in den Wiesen, auf Feldern oder im Wald, besonders am Wochenende.
In Kassel habe ich Religions- und Gemeindepädagogik und Soziale Arbeit an der CVJM-Hochschule studiert und bin danach wieder ins Rhein-Main-Gebiet zurückgekommen, weil ich in Frankfurt eine Arbeitsstelle beim EJW angetreten habe.
Ach, das ist ja spannend. Dann kennst Du sicher auch Jürgen Eilert, der an der CVJM-Hochschule in Kassel Professor ist, der war früher auch bei den Heliand-Pfadfindern, im Stamm I. (Früher hieß er mit Nachnamen Meusel).
Na klar. Von ihm habe ich viel gelernt, er hat mich lange als Professor begleitet, eigentlich die ganze Zeit. Ein Super-Typ, es wundert mich nicht, dass der auch mal Pfadfinder war. Ich habe immer gestaunt, was der alles so kann und macht.
Pfadfinder warst Du aber selbst bislang nicht – oder?
Nein, ich bin im CVJM in Hofheim groß geworden und habe dort manches gelernt und gemacht, was ich sicherlich für meine neue Aufgabe in der Heliand-Pfadfinderschaft gut gebrauchen kann.
Ein Feuer anzünden konnte ich schon vorher, als Kind. Das gehört dazu, wenn man in einer Familie aufwächst, die mehrere Gärten hat und im Herbst auch mal viel trockenes Zeug verbrennt. Mit dem CVJM war ich oft im Zeltlager, jedes Jahr über Pfingsten in Langgöns, meist mit über 100 Kindern und Jugendlichen.
Welche Rolle spielt der christliche Glaube in Deinem Leben?
Nach der Konfirmandenzeit habe ich in der Kirchengemeinschaft eine wunderbare Gruppe gefunden, eine – ja, so kann man das sagen – eine liebende Gemeinschaft, in der ich mich gut aufgehoben fühlte. Tolle Freundschaften sind entstanden. Das hat mir Kraft gegeben, mich total motiviert, mich auch selbst als Konfi-Teamer einzubringen. Mit 14 war ich bei der Gründungsversammlung einer neuen CVJM-Gemeinschaft in der Gemeinde mit dabei. Eines Tages, ich war 16 Jahre alt, wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mich im Vorstand zu engagieren. Und das habe ich dann auch gemacht. Es ist unheimlich viel, unheimlich schnell gewachsen. So habe ich unter anderem geholfen, eine Jungschargruppe aufzubauen, mich im Technik-Team, verantwortlich eingebracht, das die Gottesdienste mit vorbereitet hat, vor allem den musikalischen Teil.
Ein hauptamtlicher Jugendreferent sagte uns damals: „Ich habe den besten Job der Welt, weil ich mit Euch zusammen viel gestalten und Spaß haben kann.“ Das hat mir sehr imponiert und letztlich dazu geführt, dass ich das auch für mich angestrebt habe, obwohl ich zunächst den Plan hatte, bei der Lufthansa eine Ausbildung als Logistiker zu machen.
Noch eine Frage zur Musik: Spielst Du selbst ein Instrument?
Ich lerne gerade Gitarre, um im kommenden Jahr bei den Pfadfindertreffen Lieder begleiten zu können. Singen macht mir große Freude – und am Lagerfeuer sitzen und gemeinsam Musik zu machen auch.
Du kennst bereits einige Heliand-Pfadfinder und deren Art zu leben. Und Du warst die letzten fünf Jahre Jugendreferent im EJW, in Frankfurt und in Darmstadt. Wie hast Du die Heliand-Pfadfinder bislang wahrgenommen?
Im Frankfurter Norden war ich in mehreren Gemeinden als Jugendreferent tätig und bin dort auch Pfadfindern der Sippe Parzival begegnet. Die haben ihren Raum im Untergeschoss des Gemeindehauses. Dort sind wir uns quasi fast jeden Tag über den Weg gelaufen.
Mit Joachim Schlüter habe ich mich von Anfang gut verstanden. Deshalb hat er mich eingeladen, auf einem Bußtagtreffen der Pfadfinderschaft die Predigt im Gottesdienst zu halten. Das habe ich dann auch gemacht – anscheinend ganz gut, jedenfalls erinnern sich bis heute viele an das, was ich damals gesagt habe. Damals dachte ich schon: Wenn die das so gut finden, was ich sage, dann werde ich da sicher noch häufiger auftauchen…
Am 1. Januar 2025 trittst Du Deine neue Stelle als Leitender Stammesführer der Heliand-Pfadfinder an. Auf was freust Du Dich am meisten?
Vieles, was ich bei den Heliand-Pfadfindern in unserer Gemeinde gesehen habe, erinnert mich stark an meine Zeit im CVJM: Wir waren auch eine große Jungengruppe, oft sehr laut, meist gut drauf. Gerne haben wir große Spiele organisiert, viel gegessen… miteinander Spaß gehabt. Und natürlich gehörte auch der christliche Glaube mit dazu.
Die Pfadfinder, die ich kennenlernen durfte, haben das durchgezogen, was sie sich vorgenommen haben. Das hat mir sehr imponiert. Und es gefällt mir sehr, dass Heliand-Pfadfinder auf bestimmte Formen achten; das urige, das die Arbeit ausmacht. Das es viele Traditionen gibt, finde ich gut.
Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit dem Stammesführerkreis und all den anderen, die sich für die Gruppenarbeit engagieren, viel gestalten zu können. Neue Menschen kennenzulernen, mit ihnen unterwegs zu sein. Auf Lager und Fahrten, große und kleine Treffen, Pfadfinderleben. Es gibt einen klaren Auftrag, dem ich mich verschreiben möchte: „Der Leitende Stammesführer hat die Aufgabe, dass es der Heliand-Pfadfinderschaft gut geht“. Dafür will ich mich mit ganzer Kraft einsetzen.
Lieber Tristan, vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Dir für Deine Aufgabe viel Glück und viel Segen!